Dienstag, 9. März 2010

4. Etappe / 7. März 2010 von Linz nach Abwinden (nähe St. Georgen an der Gusen)

Kurz vor 11.00 Uhr setze ich mich auf die Bank vor der Spar-Filiale im Linzer Bahnhofgebäude. Auch heute begleitet mich niemand auf meinem Marsch. Als erstes verlasse ich das Bahnhofsgebäude und hänge an einem Geländer die beiden Transparente „Evolution“ und „Ein Herz für Bildung“ ganz in der Nähe der beiden Bahnhofslöwen-Skulpturen auf. Nach mehreren Fehlversuchen finde ich jemanden der bereit ist, mich vor den beiden Skulpturen und den Transparenten abzulichten. Mein nächstes Ziel ist ein Internetshop, um Fotos von der Wanderschaft auf Flickr.com zu veröffentlichen. Unglücklicherweise ist das Internet in diesem Lokal dermaßen langsam, dass ich nach einer Dreiviertelstunde unverrichteter Dinge weitergehe. Etwas genervt breche ich in Richtung Hauptplatz auf. Ich habe den Plan die beiden Transparente für kurze Zeit direkt vor die Pestsäule zu hängen und einige Fotos zu machen. Aber bevor ich das erste Foto machen kann springt schon ein eifriger Polizist aus dem Auto und reißt das Transparent vom Geländer. Meine Daten werden aufgenommen und der Polizist warnt mich, dass dieses unerlaubte Aufhängen der Transparente eventuell ein gerichtliches Nachspiel haben könne. Und es ist sogar die Rede davon, dass die Transparente beschlagnahmt werden. Der andere Polizist scheint kooperationswilliger und äußert, dass sie ohne weiteres von der Beschlagnahmung dieser Transparente absehen können. Darauf wird der andere Polizist auch sanfter und schließlich macht er selbst noch eine Fotografie davon und fügt hinzu, dass er solche Dinge auch gerne für sich privat fotographisch festhält, da er im Ruhestand über diverse interessante Begebenheiten in biographischer Form berichten möchte. Er steckt mir sogar ein Kärtchen mit seinem Namen zu, damit ich in einigen Jahren via Suchmaschine nach seiner Publikation Ausschau halten kann. Nach diesem spektakulären Zwischenfall setze ich meinen Weg fort. Ich überquere die Donau über die Nibelungenbrücke und marschiere dem nördlichen Donauufer entlang. Das Wetter ist heute schön. Der Schnee der in der vergangenen Nacht hier ebenfalls gefallen sein dürfte ist größtenteils schon weggeschmolzen. Einige Stellen des aufgeweichten Bodens deuten noch darauf hin. Ein Liederzyklus von Johannes Brahms verwandelt den Marsch in einen romantischen Sonntagsspaziergang. Das Leben entlang der Donau scheint ruhiger zu verlaufen und folgt einer gewissen Gleichförmigkeit. Einige Menschen nützen die Sonnenstrahlen, um bei einem gemütlichen Fußmarsch frische Luft und Sonnenenergie zu tanken. Zirka auf halber Strecke begegnet mir ein drahtiger älterer Herr. Aufgeklärt über die Hintergründe meines Protestmarsches stellt er mit sachlicher Argumentationsketteklar, dass er die Forderungen der Studierenden nicht unterstützen möchte, aber er erscheint mir als ein Mensch, der sich nicht durch irgendwelche billigen Parolen beeindrucken lässt. So trennen sich wieder unsere Wege und ich gehe weiter nach Mauthausen. Später begegnet mir eine ältere Dame voll jugendlichem Esprit. Sie erweist sich mit ihren 78 Jahren als sehr progressiv. Die Anliegen der Studierenden scheinen ihr plausibel. Neben dem breiten Gewässer der Donau, kommt es mir vor als würde ich gar keinen Schritt vorankommen. Der Weg zieht sich endlos dahin. Als ich so um 18 Uhr eine Art Schiffsschleuse passiere regt sich in mir wieder Hoffnung, bis ich nach einiger Zeit mit Schrecken feststelle, dass ich der Donau in die Falle gegangen bin. Wohlmeinend, dass ich dem Nordufer der Donau bisher konsequent gefolgt bin, stellt sich heraus, dass die Donau linker Hand einen Seitenarm als Rückstaubecken hat und dadurch bin ich in eine Sackgasse geraten. Niedergeschlagen musste ich wieder Kilometerweit, ich glaube eine ganze Stunde, zurück marschieren um den Übergang des tückischen Seitenarmes zu finden. Inzwischen ist es schon dunkel geworden und nach Mauthausen sind es laut Verkehrstafel immer noch neun Kilometer. Ich sehe ein, dass ich das ursprüngliche Etappenziel heute nicht mehr erreichen kann und finde schließlich in Abwinden, einer kleine Ortschaft in der Nähe von Sankt Georgen an der Gusen, ein Einzelzimmer.

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